Kupieren: Warum immer so ideologisch?
Die Geschichte des Kupierens von Jagdhunden ist um eine Umdrehung reicher, ohne dass sich etwas geändert hätte. Doch erneut wurde deutlich, wie ideologisch beide Seiten an das Thema herangehen.
Im Entwurf zu Ergänzungen und Erweiterungen im Tierschutzgesetz sollte nach dem Willen des Bundestages viel geregelt werden. Doch Jagdhunde und ihre Ruten spielten kaum eine Rolle. Das grundsätzliche Verbot des Kupierens sollte bestehen bleiben, genau wie die Ausnahmeregelung beim Kupieren für Jagdhunde. Doch ohne, dass dazu tatsächlich Anlass bestand, fuhren beide Seiten wieder ihre Standardphrasendrescher aus und sorgten so erst für eine Diskussion über das Nichtthema.
Was dann dazu führte, dass der Agrarausschuss des Bundesrates eine Änderung vorschlug, nach der auch die Ausnahmeregelung für Jagdhunde fallen sollte. Die Kräfteverhältnisse waren also einmal mehr klar, die ideologischen Gegner des Kupierens sind stärker als die ideologischen Verfechter des Kupierens. Doch es kam dann wieder einmal anders, der Bundesrat überging das Votum des Ausschusses, das Gesetz wurde wie vom Bundestag vorgeschlagen mit der bestehenden Ausnahmeregelung verabschiedet.
Viel Lärm, weil der Bundesrat hier tatsächlich das Gesetzgebungsverfahren hätte verzögern, nicht aber verhindern können. Klar wurde nur wieder, dass nicht nur auf Seiten der Kupiergegner viel Energie verschwendet wurde, sondern auch wieder einmal die Befürworterseite und hier ganz vorne dabei der Jagdgebrauchshundverband als ideologische Scheuklappenträger zeigten. Oder Schlimmeres.
Denn während die Argumente der Kupiergegner sich zumindest weitgehend auf Erfahrungen aus Nachbarländern mit absolutem Kupierverbot stützen, wird bei den Kupierbefürwortern gebetsmühlenartig der Untergang der Jagd als Ganzes an die Wand gemalt. Was definitiv und leicht erkennbar falsch ist, da nur die wenigsten Jagden auch heute schon mit kupierten Hunden stattfinden.
Karl Walch, Präsident des JGHV, schreibt dazu: „Das generelle Verbot des Kupierens käme einem Verbot bestimmter Jagdarten gleich… und weiter: Wer das fordert, … der sieht in einem Gesetz ein Mittel zur Befriedigung seiner ideologischen Ziele.“ Und noch weiter: „Wer aus unseren Reihen zu diesen Themen schweigt, resigniert oder sich abwartend zurücklehnt macht sich schuldig – schuldig an der Gesundheit unserer Hunde, schuldig am Fortbestand der Jagd, schuldig an den uns folgenden Generationen junger Jägerinnen und Jäger.“
Es sind merkwürdige Formulierungen und sinnlose Übertreibungen wie diese, die die Reputation der Jägerschaft und damit den Fortbestand der Jagd stärker gefährden, als das selbst ein vollständiges Kupierverbot könnte. Denn zum einen gibt es tatsächlich in allen Nachbarländern, in denen es ein absolutes Kupierverbot gibt, noch immer die Jagd. Sie wird auch unverändert mit Hunden ausgeübt, nur eben mit unkupierten. Und diese Hunde verletzen sich nicht mehr, als das die kupierten Hunde in Deutschland tun.
Sachlich sind die Einwürfe des JGHV-Präsidenten also ohnehin nicht haltbar. Traurig ist nur, dass mit solchen Argumenten der Graben zwischen den beiden Seiten weiter vertieft wird. Und wer letztendlich gewinnen wird, steht heute schon fest: das absolute Kupierverbot wird kommen.
Dabei müsste das gar nicht sein. Das Tierschutzgesetz enthält die Ausnahmeregelung aus guten Gründen. So mag es Jagdarten geben, bei denen tatsächlich eine erhöhte Verletzungsgefahr besteht. Diese werden zwar immer weniger, aber es gibt sie. Für diese Fälle – und nur genau dafür – ist die Ausnahme für Jagdhunde vorgesehen. Und ganz korrekt steht im Gesetz eben auch schon, dass diese Ausnaheregelung nur im Einzelfall gilt.
Bereits heute muss also kein Hund eine erhöhte Verletzungsgefahr hinnehmen, wenn klar ist, dass er in seiner jagdlichen Karriere auf rutengefährlichen Jagden geführt werden wird.
Doch das ist den Befürwortern des Kupierens eben nicht recht. Sie möchten ihre althergebrachte Ästhetik bei ganzen Hunderassen erhalten, können sich einen Deutsch Kurzhaar wie auch einen Drahthaar etwa einfach nicht mit langer Rute vorstellen. Und haben auch Angst, dass ihre Hunde, bei deren Zucht nie auf eine dem Rassestandard entsprechende Rute geachtet wurde, vielleicht nicht mehr den Zuchtzielen entsprechen.
Statt also ideologisch und mit dem Untergang der Jagd zu argumentieren, wäre es wesentlich besser verwendete Verbandsarbeitszeit, eine Klarstellung statt einer Änderung des Gesetzestextes anzustreben. Kupieren als Ausnahme ja, aber eben unter klar definierten und im Einzelfall zu belegenden Voraussetzungen. Für alle anderen Hunde entfällt dann die Kupierpflicht, die der Verband anstrebt. Hunden, Hundehaltern und Jägern und auch der Jagd wäre damit am meisten geholfen.