Das Bundeslandwirtschaftsministerium strebt eine Änderung des Tierschutzgesetzes an, bei dem auch die Ausnahmeregelung für das Kupieren der Ruten von Jagdhunden fallen soll. Der Jagdgebrauchshundverband JGHV zeigt sehr besorgt darüber und appelliert in einem Schreiben an die Politik, die bisherige Regelung beizubehalten. Argumentiert wird dabei mit reinen Behauptungen und veralteten Studien, Erfahrungen aus den Nachbarländern mit absolutem Kupierverbot werden nicht genannt. 

 

Der JGHV betont dabei sehr ausdrücklich, dass es „in keinem Fall um ästhetische Aspekte und Rassestandards“ geht, sondern ausschließlich um das Wohl der Hunde. Denn diese könnten sich angesichts ihrer wegen ihres Temperaments hohen Wedelfrequenz die Ruten verletzen. Denn, so der Verband: „Seit Jahrhunderten ist das Auftreten von Schwanzverletzungen bei Jagdhunden bekannt und dokumentiert.“ Drei Studien, eine als „älter“ bezeichnete aus Schweden und zwei von 2014 aus Schottland werden dann angeführt, um die Gefahr für die Hunde zu belegen. 

 

Abgesehen davon, dass die Grundlage der Datenerhebung unklar ist und nicht festgestellt werden kann, ob die Verletzungen an der Rute tatsächlich im Jagdbetrieb erfolgten oder nicht vielmehr durch Unfälle etwa mit zuschlagenden Autotüren, fehlen wichtige Daten. So liegt bis heute keine Studie vor, die eine umfassende Bestandsaufnahme der Verletzungen unkupierter Hunde liefert. Das ist verwunderlich, denn angesichts der Tatsache, dass fast alle Nachbarländer Deutschlands das Kupieren vollständig verboten haben, ließen sich die Daten sehr leicht gewinnen. 

 

In der Argumentation des JGHV wären unkupierte Hunde nicht mehr jagdtauglich, die Jagd mit ihnen ein Verstoß gegen den Tierschutzgedanken. Das negiert den erfolgreichen jagdlichen Einsatz unkupierter Hunde in den Nachbarländern mit absolutem Kupierverbot. 

 

Stattdessen soll eine Studie in Auftrag gegeben werden, die den Schmerz des Kupierens messen soll. An der Finanzierung wollte sich auch der DK-Verband beteiligen. Dass eine solche Studie geplant und damit offensichtlich notwendig ist, entwertet nun weitere Argumente des JGHV in seinem Schreiben. Denn hier heißt es, dass die „Erfahrung von Tierärzten zeigt, dass die bei sehr jungen Welpen (wenige Tage alt) mit dem Kürzen der Rute verbundenen Schmerzen nur sehr gering sind.“ Hier wird also nur behauptet, was eine Studie erst noch belegen müsste. Ebenfalls nur behauptet wird, dass „die kupierte Rute nicht das Kommunikationsverhalten und die körperliche Entfaltung des Hundes beeinträchtigt.“ Der Beleg: „Das beweisen unsere kupierten Hunde seit mehr als 100 Jahren.“ 

 

Interessant dabei ist, dass JGHV-Präsident Karl Walch 2022 auf der Jahreshauptversammlung des Deutsch-Kurzhaar-Verbandes eine flammende Rede hielt, aufgrund derer ein Beschluss zum Ausschluss unkupierter Hunde von Prüfungen gefasst wurde. Schon auf der Jahreshauptversammlung 2023 wurde der Beschluss dann wieder zurückgenommen, nachdem die Gesetzeswidrigkeit ersichtlich wurde. Im Sitzungsprotokoll heißt es: „Der Beschluss war nach Karl Walchs Appell auf unserer HV an die Unverzichtbarkeit des Kupierens für den Jagdgebrauch spontan und unreflektiert gefasst worden.“ Und vorher: „Wir haben jedoch schnell erkennen müssen, dass diese Regelung gegen geltende Bestimmungen verstößt…“

 

Der Versuch, durch die Hintertür einen Kupierzwang einzuführen, indem unkupierte Hunde nicht mehr zu Prüfungen und teilweise Zuchtschauen zugelassen und damit deren Züchter und Besitzer in der Zucht behindert werden, ist also gescheitert. Die Änderung des Tierschutzgesetzes mit der vorgesehenen Abschaffung der Ausnahmeregelung würde dies ein für alle Mal festschreiben – wie es in den Nachbarländern schon lange geübte Praxis ist.

 

Doch was hat all dies mit der Jagd zu tun? In einem Schreiben vom 29.6.2023 an die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses des Bundestags hat sich der Verein Deutsch-Drahthaar zu Wort gemeldet. Er nutzt dabei die Argumentation des JGHV mit den entsprechenden Schwächen, geht aber noch einen Schritt weiter und vereinnahmt auch die Jägerschaft. So heißt es dort: „Die neben dem VDD betroffenen Jagdhundevereine, der Deutsche Jagdverband und die Landesjagdverbände vertreten in der Sache dieselbe Position.“ 

 

Nachfragen beim DJV und beim LJV Schleswig-Holstein zeigen, dass es hier keine offizielle Positionierung gibt.